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Weintrinken trainiert das Gehirn

8. April 2017 07:27

USA (New Haven) – Was Weintrinker schon immer geahnt haben, wurde jetzt von einem der führenden Neurologen bestätigt: Wein zu trinken und vor allem zu schmecken erfreut nicht nur den Gaumen, es trainiert auch das Gehirn.

 Von Ruth Preywisch

Die Wissenschaftler der Yale School of Medicine bezeichnen das Erschmecken von Wein sogar als einen der kompliziertesten Vorgänge, die das menschliche Gehirn leisten könne. Denn die Geschmackswahrnehmung findet nicht im Mund, sondern im Kopf statt. Und das verlangt ihm alles ab.

Wer denkt, eine schwierige Rechenaufgabe beanspruche das Gehirn, sollte mal an einer Weinprobe teilnehmen...
Wer denkt, eine schwierige Rechenaufgabe beanspruche das Gehirn, sollte mal an einer Weinprobe teilehmen…

„Um Wein zu schmecken bedarf es einer ausserordentlichen Kontrolle über den grössten Muskel im menschlichen Körper“, beschreibt Studienleiter Prof. Dr. Gordon Shepherd die Ergebnisse der Untersuchung in seinem Buch „Neuroenologie: Wie das Gehirn den Geschmack des Weines schafft“.

Die Arbeit des Gehirns beginnt demnach bereits beim Riechen am guten Tropfen. Denn die Geschmackswahrnehmung basiert nicht allein auf den Tropfen, die im Mund landen, sondern durch die Bewegung der Luft durch Nase und Rachen. Und dabei hat das reine Schnüffeln am Glas weit weniger Bedeutung, als wir meinen.

Den wichtigsten Beitrag zur Geruchswahrnehmung entnimmt unser Gehirn statt dessen den Molekülen, die beim Ausatmen im Mund freigelassen werden. Wenn die Flüssigkeit dann an den Gaumen gelangt, werden die komplizierten Muskeln der Zunge mit Tausenden von Geschmacks- und Geruchsrezeptoren kombiniert. Unter professionellen Verkostern ist es üblich, den Wein während einer Probe nicht zu schlucken, sondern in einen Eimer zu spucken.

Das sei eigentlich nicht zu empfehlen, denn damit gehe ein wichtiger Teil der Wahrnehmung verloren. Es reiche aber aus, einige kleine Schlucke zu nehmen. Danach habe das Gehirn genug Informationen beisammen, um den Geschmack einschätzen zu können. Jeder weitere Schluck schade dem Ergebnis, sagt Shepherd.

Spannend ist, dass die Moleküle an sich gar keinen Geschmack haben. Er wird allein von unserem Gehirn erschaffen, auf ganz ähnliche Weise, wie dort Farben erzeugt werden. Denn ebenso, wie die Moleküle eigentlich geschmacklos sind, sind die von uns gesehen Objekte eigentlich farblos. Ihre Pracht entsteht erst, wenn unser Gehirn das auf sie treffende Licht übersetzt.

Und genauso erzeuge es auch den von uns wahrgenommenen Geschmack, schreibt Shepherd. Dieser gesamte Prozess beanspruche das Gehirn mehr als Musik zu hören oder ein schwieriges Problem der Mathematik zu lösen, fügt der Autor hinzu.

Weintrinker nutzen zur Geschmacksverarbeitung übrigens ihre ganz eigenen Bezugsrahmen. Shepherd stellte fest, dass der Geschmack von Wein viel subjektiver ist, als bisher angenommen wurde. Jeder Trinker setzt den Geschmack in eigene Bezüge und er ist damit stark abhängig von unseren eigenen Erinnerungen und Emotionen, erklärt der Autor. Ob und wie ein Wein schmeckt, obliegt also abgesehen von groben Fehlern immer dem individuellen Empfinden.

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