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Drastische Winzerproteste in Frankreich

9. August 2016 15:19

FRANKREICH (Sète) – Sie zertrümmern Büros, fluten Strassen mit Wein und drohen Supermärkten. Mit drastischen Aktionen protestieren französische Winzer gegen den Import von Billigwein.

Von Ruth Preywisch

Sète: Hier fanden die Winzerproteste statt
Sète: Hier fanden die Winzerproteste statt

Eine Flut von Wein ergoss sich in der vergangenen Woche in der Hafenstadt Sète und richtete einigen Schaden an. Ursache war kein Unfall, sondern eine gezielte Prostestaktion.

Die Täter, Mitglieder des selbst ernannten regionales Aktionskomitee Weinbau (Comité régional d’action viticole, kurz CRAV), kamen im Dunklen, und öffneten mehrere Tanks mit spanischem Importwein im Handelshaus Biron.

Rund 50.000 Liter Wein ergossen sich auf den Boden, so viel, dass die am Gebäude vorüberführende Strasse Avenue du Maréchal-Juin überschwemmt wurde. Sie musste für den Verkehr gesperrt werden. Auch eine nahe gelegene Tiefgarage war betroffen, sie musste von der Feuerwehr ausgepumpt werden.

Das CRAV ist für spektakuläre Aktionen bekannt. Das Komitee gilt als Geheimbund unzufriedener Winzer im Languedoc-Roussillon und ist in den vergangenen Jahren immer wieder mit Attacken auf Konkurrenten und sogar mit Sprengstoffanschlägen in Erscheinung getreten.

Erst Ende Juli war das Büro des Händlers Sudvin bei Béziers Ziel einer Attacke. 30 Vermummte drangen mit Äxten und Schlagstöcken bewaffnet in die Geschäftsräume ein, zertrümmerten Mobiliar und Computer und steckten die Räume schliesslich in Brand.

Das englische Magazin „Decanter“ sprach nach den Taten sogar schon von „Wein-Terrorismus“. Das CRAV selbst sieht die französischen Winzer massiv von Billig-Importen bedroht. Seit langem schwelt in Frankreich ein Streit um die Weinpreise.

Spanischer Fasswein kostet nur 30 bis 40 Cent pro Liter, französischer Landwein rund das Doppelte. Erst Anfang Juli wurde ein Winzer aus Narbonne dabei erwischt, wie er 30.000 Hektoliter spanischen Wein an einen örtlichen Händler verkaufte. Ausgezeichnet war der Wein als französischer Landwein.

Der Wein-Streit beschäftigt mittlerweile nicht mehr nur die Polizei, sondern auch die Politik. Senator Henri Cabanel, der die Region Hérault für die sozialistische Partei im französischen Oberhaus vertritt, schrieb einen Brief an den Landwirtschaftsminister Stéphane Le Folle. Dort heisst es, er habe den Minister schon im Mai auf die „Besorgnis erregende Situation“ billiger spanischer Weinimporte aufmerksam gemacht.

Auch wenn er die Taten beklage, beharre er darauf, „dass Handlungen dringlich Not tun.” Die spanische Regierung hat indessen den französischen Botschafter einbestellt. Sie sieht in den Protesten eine „flagrante Verletzung von Grundprinzipien der EU wie den freien Warenverkehr unter Mitgliedstaaten“.

CRAV selbst zeigt sich von den politischen und polizeilichen Einlassungen unbeeindruckt. In einem auf Radio France 3 Languedoc-Roussillon eingespielten Statement mit elektronisch verzerrter Stimme betont ein Sprecher der Organisation, dass die Bemühungen der Winzer bei den Verbänden völlig fruchtlos geblieben seien.

Deshalb droht die Gruppe jetzt den Supermarkt-Ketten. Man werde dort „Höflichkeitsbesuche“ abstatten, und sollten die Grossverteiler nicht „mitspielen“, werde man sich „ihrer annehmen wie der anderen“. Spätestens dann sind die Proteste wohl nicht mehr als harmlos zu bezeichnen.

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