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Bordeaux „Bashing“ – Gründe der Abwendung

15. January 2016 17:47

FRANKREICH (Bordeaux) – Kurz vor der Weinlese 2015 im Bordelais: Wenn man die Winzer fragt, sprechen sie in einem fröhlichen Ton von diesem Jahrgang, es wird ein grandioser, der in ihre Keller Einzug erhalten wird und die Trauben sind einfach fabelhaft.


Aber an der anderen Front erfährt man von einer unterschwelligen Krise. Es wird wortkarger, wenn die Situation beschrieben werden soll. Schwierig es näher zu bestimmen. Wie eine beschämende Krankheit ohne Namen. Manche ignorieren es, andere möchten die Bezeichnung nicht aussprechen.

Andere jedoch, die vor allem mit dem Weinhandel zu tun haben, nähern sich dem Thema ohne Umschweife. Aber es beginnt schwer zu wiegen auf dem Ansehen von Bordeaux.

Was entspricht genau diesem „bashing“, von dem Bordeaux Opfer sein soll?
 Für manche sind es nur die Äusserungen von einigen Pariser Weinhändler und „bobos“ Journalisten. Für andere ist es das Resultat der Spekulationen mancher „Cru Classés“, die glauben lassen, dass Bordeaux nur teure Weine produziert.

In Wahrheit ist das „Bordeaux bashing“ nicht eine einfache systematische Abwertung die von den Medien genährt wird, andere Mechanismen treten ins Spiel: die neue Art des Weinkonsums, das Besorgnis um die Umweltbilanz, das Defizit des Weinbergimages, die Distanz zum Winzer. Es ist eine schleichende Krise, nicht heftig, die aber tiefe Schäden hinterlässt und zwar langfristig.

Die Schuld gibt man wohl den Weinhändlern und den „bar à vins“ sowie Sommeliers bestimmter „In-Restaurants“, die sich nicht nur absichtlich von den Bordeaux-Weinen abwenden, sondern auch negativ über diese Weine reden.

Bordeaux Wein ohne Seele

Weine aus dem Bordelaise geniessen nicht überall in Frankreich einen guten Ruf
Weine aus dem Bordelaise geniessen nicht überall in Frankreich einen guten Ruf

Es genügt, sich in Paris in bestimmen Etablissements des 11. Arrondissement zu promenieren, um festzustellen, dass die Flacons der Gironde nicht gerade zahlreich vertreten sind. Man bekommt zu hören, dass manche keine Affinität mehr zum Bordeaux Wein hegen, sondern sich eher dem Burgund zuwenden. Viele Weinkarten weisen hauptsächlich „Naturweine“ auf. Angeblich hätte der Bordeaux-Wein keine Seele mehr.

Viele teilen inzwischen diese Einstellung. Wenn man den Sommeliers zuhört, erfährt man, warum sich so wenige Bordeaux Weine auf der Karte befinden: die Winzer bearbeiten ihre Weinberge und ihren Wein selten so, wie die Sommeliers es sich vorstellen.

Stattdessen erwarten sie, etwas weniger „Prekarisiertes“ zu degustieren und es hat mehr und mehr den Anschein, dass sich die Winzer Mühe geben, dem Terroir ein Revival zu geben. Mit dieser Absicht, scheint die Standardisierung des Weingeschmackes wie eine Leier zu wirken. Als würden sich die Weine alle gleichen.

Es geht jedoch noch radikaler. Es gibt Weinhändler, die es aus Prinzip komplett ablehnen, Bordeaux Weine zu verkaufen. Es bezieht sich nicht nur auf Paris, sondern man kann dieses Phänomen in ganz Frankreich beobachten. 
Sind es doch hauptsächlich die „Bar à vins“ sowie die Weinhändler, die sich dem Trend der „Naturweine“ verschrieben haben.

Den Meisten kann man vorwerfen, noch nie einen Fuss in die Stadt Bordeaux gesetzt zu haben, geschweige die Winzer zu kennen.
Es ist wie eine Sippe, die es ablehnt sich mit der Sippe von gegenüber zu unterhalten.

Die Distanz hat sich auch dadurch ergeben, dass der Winzer aus Bordeaux, im Gegenteil zu anderen französischen Weinregionen, nie an den Türen der Restaurants anklopft, um seine Weine verkosten zu lassen. 
Wie soll hier eine Bindung entstehen?

Bettina Wieland

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