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Erster globaler Risikoindex für Weinregionen

28. April 2017 18:44

DEUTSCHLAND (Karlsruhe) – Frosteinbrüche, Dürre, Erdbeben und Überschwemmungen: Die weltweite Weinindustrie erleidet infolge von extremen Wetterereignissen und Naturkatastrophen jedes Jahr Verluste von mehr als zehn Milliarden US-Dollar.

Von Ruth Preywisch

Ein Team von europäischen und australischen Forschern um Dr. James Daniell am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat jetzt untersucht, welche Regionen wie stark von den einzelnen Risiken betroffen sind und wie sich der Klimawandel auf den Weinbau auswirkt. Die Ergebnisse wurden in einem Risikoindex für Weinregionen zusammengefasst, der auf der Jahresversammlung 2017 der European Geosciences Union (EGU) in Wien vorgestellt wurde.

Naturkatastrophen beeinträchtigen den Weinbau weltweit
Naturkatastrophen beeinträchtigen den Weinbau weltweit

Für die Studie wurden mehr als 7500 Weinbaugebiete in 131 Ländern untersucht. Und das Gesamtergebnis stimmt Wissenschaftler und Winzer sorgenvoll: Es gibt weltweit kein Weinbaugebiet, das von Extremwetter oder Naturkatastrophen verschont bleibt. Ereignisse wie Frost, Hagelstürme, Überschwemmungen, Hitze, Dürre, Wald- und Buschbrände sowie Erdbeben kosten die weltweite Weinindustrie konservativen Schätzungen zufolge jedes Jahr mehr als zehn Milliarden US-Dollar durch zerstörte Vermögenswerte, Produktionsausfälle und entgangene Gewinne.

Den höchsten Risiken sind demnach zwei Weinregionen in Argentinien ausgesetzt, Mendoza und San Juan. Auf Platz zwei liegen Kachetien und Racha in Georgien, danach folgen das südliche Cahul in Moldawien, der Nordwesten Sloweniens sowie Yaruqui in Ecuador und Nagano in Japan.

Die verheerendsten Folgen für den Weinbau haben laut der Studie Kältewellen und Erdbeben. Europa ist dabei vor allem von Frost und Kälte betroffen. Später Frost hat hier sowohl im vergangenen, als auch in diesem Jahr einen beträchtlichen Teil der Ernte zerstört. Hagelstürme treten zwar nicht flächendeckend auf, aber die Verluste durch sie sind nicht zu unterschätzen.

Vor allem in Frankreich und Italien haben sie in den vergangenen Jahren schwer gewütet, die Verluste betrugen von 2012 bis 2016 in einigen Weinbergen 50 bis 90 Prozent des eigentlichen Werts der Ernte. Auf der anderen Seite der Weltkugel droht die grösste Gefahr dagegen von Erdbeben. Nicht selten legen sie die Infrastruktur von ganzen Weinregionen über einige Jahre lahm. In den vergangenen Jahren waren unter anderem Chile, Neuseeland und die USA betroffen.

Chile hatte 2010 einen Verlust von über 125 Millionen Litern Wein zu verzeichnen, hauptsächlich durch Versagen von Stahlbehältern. Auch kleinere Erdbeben können nicht nur finanzielle Schäden anrichten, sondern zudem unersetzliche historische Güter zerstören, wie Verkostungsräume und seltene Weinkollektionen. Weitere Risiken sind Buschbrände, Überschwemmungen und Vulkanausbrüche.

Diese Ereignisse treten aber nur lokal begrenzt auf, um sie in den Index aufzunehmen, wären Untersuchungen in kleineren Massstäben nötig gewesen. Der globale Klimawandel ist jedoch nach Ansicht der Forscher nicht nur als Risiko zu betrachten, denn er wirkt sich auf die Weinindustrie sowohl positiv als auch negativ aus.

Die Forscher rechnen mit einer Verschiebung der Weinbaugebiete nach Süden und nach Norden: Während am Äquator Weinregionen verloren gehen könnten, werden ihrer Ansicht nach nördlich und südlich neue entstehen. Viele Weine könnten sich dadurch verbessern. „Die englischen, kanadischen und nordchinesischen Weinregionen werden voraussichtlich ihre Produktion deutlich steigern, ihren Marktanteil erhöhen und ihre Qualität weiter verbessern“, prognostiziert Dr. Daniell.

Insgesamt erwarten die Wissenschaftler, dass viele Weinbaubetriebe die Klimaveränderungen meistern werden, indem sie Rebsorten oder Erntezeiten ändern. Das sieht man ihrer Meinung nach schon jetzt, denn die Weinindustrie wächst trotz aller Risiken weiter und diversifiziert sich.

Die Forscher hoffen, durch den Risikoindex zu einer Problemlösung beitragen zu können. „Durch detaillierte Analyse der Risiken kann die Forschung Winzer und Regierungen gleichermassen dabei unterstützen, sich angemessen auf Naturereignisse vorzubereiten und Verluste zu verringern“, sagt Dr. James Daniell.

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