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Von Tiefrot bis Hellpink – Negroamaro di Salento

Von Tiefrot bis Hellpink – Negroamaro di Salento
Copyright Alice Gundlach

Zwischen Tradition und Moderne: In der Region Salento wird die Rebsorte Negroamaro in allen ihren Facetten interpretiert. Dabei heraus kommen reichhaltige, elegante oder frische, leichte Weine bester Qualität.

Das Salento ist quasi der Absatz des italienischen Stiefels. Bis zum Meer ist es hier nie weit, die Vegetation ist geprägt von pinkem Oleander, orangen Kaktusfeigen, endlosen Olivenhainen – und natürlich von Weinbergen.

Dass dieser Landstrich im Laufe der Geschichte stark vom nahen Griechenland geprägt wurde, schlägt sich auch heute noch in Ortsnamen wie Gallipolli oder Calimera nieder. In einigen Orten wird bis heute der griechisch beeinflusste Dialekt Griko gesprochen.
Und auch den Weinbau im Südosten Apuliens beeinflussten die Griechen massgeblich.

Der wichtigste Import ist wohl die Rebsorte Negroamaro. Die Sorte kam im 8. Jahrhundert von Griechenland nach Apulien. Daher führt sie auch einen kuriosen Doppelnamen: „negro-“ ist lateinischen Ursprungs und bedeutet „schwarz“ – so weit, so klar; „-amaro“ aber bezieht sich hier nicht etwa auf das italienische Wort für „bitter“, sondern leitet sich vom griechischen „mavros“ ab – was ebenfalls „schwarz“ bedeutet.

Schwer und dennoch elegant

Negroamaro-Trauben trocknen in der Sonne
Negroamaro-Trauben trocknen in der Sonne

Der ursprüngliche Negroamaro ist typischerweise ein schwerer, alkoholreicher Wein. Ihn kennzeichnen neben einer beerigen Frucht vor allem ätherische Anklänge von Eukalyptus und Lakritze. Er ist die Hauptrebsorte für den Salice Salentino – bis 2010 durfte dieser Wein nur aus Negroamaro bestehen, doch heute darf er bis zu 25 % andere zugelassene Rebsorten beinhalten, z.B. Malvasia oder Primitivo.

Die klassische Anbauart ist Alberello („Bäumchen“), die italienische Version der Buschrebe. Dabei wachsen die Trauben nahe am Boden, was die Wasserversorgung der Rebe erleichtert. Die buschigen Blätter schützen die Trauben zudem vor der heissen süditalienischen Sonne.

Wer schwere und dennoch elegante Rotweine liebt, wird hier also fündig. Zum Beispiel im Weingut Vallone (Serranova). Kurz nach der Lese erwartet die Besucher auf dem Dach des Castelserranova folgender Anblick: Negroamaro-Trauben auf langen Holzgestellen, die in der Sonne trocknen. Aus ihnen wird der Paradewein des Hauses „Grattaciaia“ hergestellt. Seine Machart und auch sein Charakter erinnern an den Amarone aus dem Valpollicella.

„Die Trauben kommen von 70 bis 85 Jahre alten Alberello-Reben“, berichtet der Giuseppe Malazzini, der im Weingut den Verkauf leitet. „Die Trocknung dauert meist zwei Wochen, in feuchten Jahren wie 2014 können auch drei werden.“ Gereift wird der Wein nach der Gärung im Edelstahl für ein Jahr in Barriques.

In der Verkostung kommt der Jahrgang 2011: intensive Nase von Kirsche, am Gaumen die für den Negroamaro typische Lakritznote und schwarze Johannisbeere, eine klare Restsüsse. „Manchmal öffnen wir 25 Jahre alte Flaschen und finden immer noch lebendige Weine vor“, berichtet Giuseppe Malazzini.

Vom Fasswein-Broker zum Qualitätshersteller

Eine der grossen Erfolgsgeschichten der Region hat die Cantina Cantele zu bieten. Sie begann mit Giovanni Battista Cantele, gebürtig im Veneto und ab 1929 zunächst Händler für Fasswein aus Apulien in Imola, wo er seine Frau kennenlernte und seine beiden Söhne geboren wurden. 1950 zog er mit seiner Familie nach Lecce im Salento, ab 1975 verkaufte er zum ersten Mal Wein mit seinem eigenen Label.

Seine Enkel Umberto, Luisa, Gianni und Paolo sind die erste Generation der Familie, die in Apulien geboren sind. Sie alle arbeiten mittlerweile im Familiengut mit. „Guagnano, wo unser Weingut steht, ist das Herz des Salento und die beste Region für Negroamaro“, ist Umberto Cantele überzeugt. Deshalb produzieren sie auch ihren Salice Salentino nur aus dieser Rebsorte, obwohl seit 2010 auch andere Sorten zum Verschnitt erlaubt sind. „Wir wollen uns zwar von den alten Regeln nicht begrenzen lassen, aber wir wollen auch nicht zu modern werden.“

Der Topwein der Cantina ist der Teresamanara, benannt nach der Ehefrau des Unternehmensgründers, Umbertos Grossmutter. Für ihn werden selektierte Trauben von 40 Jahre alten Alberello-Reben eingesetzt. Er reift 14 Monate in alten Eichenholzfässern und überzeugt mit einer persistenten Frucht und einer feinen Mineralität, kombiniert mit reichhaltigen, aber samtweichen Tanninen.

Rosato mit frischer Säure

Viele Winzer des Salento setzen aber auch auf leichtere Geschmacksbilder und bauen ihre Weine mit ein wenig mehr Restsüsse aus. Auch als Rosato kommt er immer öfter in die Flasche. „Einen Rosato kann man wirklich zu jedem Essen trinken“, findet zum Beispiel Michele Palamà. Er ist der Juniorchef des Weinguts Palamà (Cutrofiano), das sein Grossvater 1936 gründete.

Der Rosato Metiusco wird bei Palamà nach der Salasso-Methode ausgebaut, bei der der Wein für einige Stunden auf der Maische ohne Sauerstoff-Kontakt gärt. Ausgebaut wird er dann im mit Edelstahl ausgekleideten Zementtank. Im Glas schimmert er kräftig pink, seine Aromen von Himbeere und röschem Weissbrot werden von einer frischen Säure begleitet, die für süditalienische Verhältnisse kräftig ausfällt – was ihn zu einem angenehmen Begleiter für Fischgerichte macht.

Auf Rotweine ohne Ausbau Holz schwört die Genossenschaft Cupertium (Copertino) – und dabei trotzdem auf die Vielseitigkeitdes Negroamaro: Frisch und eher leicht als Negroamaro Salento IGP, elegant als Copertino Rosso DOC oder reichhaltig und gereift wie die Settantacinque Copertino Riversa Speciale.

Der Önologe des Hauses, Giuseppe Pizzolanti Leucci, fasst zusammen: „Negroamaro kann man jung, frisch und umkompliziert machen, auch für Rosé eignet er sich gut. Aber man kann auch einen schweren Passito daraus machen.“

Über die Autorin

Alice Gundlach arbeitet seit 2005 als Journalistin, seit 2011 ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Wein und Food. Davor schrieb sie schon als angestellte Redakteurin regelmässig über Weinthemen.

Sie ist spezialisiert auf die Weinregionen Deutschlands und Italiens.

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