zurück

Grüner Veltliner – Ein Österreicher in Deutschland

Grüner Veltliner – Ein Österreicher in Deutschland
Copyright Künstler

Grüner Veltliner ist so österreichisch wie der Prater, die Sachertorte und der Wiener Schmäh. Dass auch deutsche Winzer die Sorte zu schätzen gelernt haben, überrascht also sehr. Doch die im Rheingau, in Rheinhessen oder in der Pfalz produzierten Veltliner schmecken doch ganz anders als jene der Wachau oder des Kamptals: Um simple Nachahmungen eines österreichischen Klassikers handelt es sich offenbar nicht. Zumal die Sorte in grauer Winzer-Vorzeit auch in Deutschland Renommee besaß.

Vielleicht hängt die Rheingauer Begeisterung für den Grünen Veltliner ja auch ein bisschen mit Gunter Künstler selbst zusammen. Der Hochheimer Winzer, nach Meinung der Weinführer einer der besten und kreativsten der Region, hat nämlich Wurzeln dort, wo die Rebe noch heute zum Alltag zählt. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bewirtschafteten die Künstlers Reben in Südmähren, nur eine Autostunde von Wien entfernt. Was nicht bedeutete, dass Franz Künstler und sein Sohn Gunter bei ihrem Neustart im Rheingau alles auf den Veltliner gesetzt hätten.

Die besten Weine aus der Rebsorte Grüner Veltiner bei Weinclub.com

Von Anfang an stand der Riesling im Mittelpunkt ihrer Mühen, die Spezialität kam erst sehr viel später hinzu. Eher durch Zufall und nur in klitzekleinen Mengen. „Wir sind mit dem Veltliner zufrieden“, erfährt man vom Weingut Künstler auf Nachfrage. 2008 wurden 0,2 Hektar gepflanzt, inzwischen hatte man ein paar Jahrgänge Zeit, um sich die Sache anzuschauen und zu verkosten.

VELTLINER-TREND UNVERKENNBAR

Verkostet haben auch andere Winzer. Vor allem im Weingut Koegler, ebenfalls im Rheingau, war man früh dran – noch etwas zeitiger als bei den Künstlers. Ferdinand Koegler hat zwar keine Wurzeln in angestammten Veltliner-Gegenden, ließ sich aber vom guten Ruf des Veltliners überzeugen. Und setzte sogar einen kleinen Trend. Nannte die offizielle deutsche Rebsortenstatistik für das Jahr 2001 noch null Hektar, waren es 2005 schon vier, 2009 gar sieben Hektar. Inzwischen ist die gesamte Veltliner-Fläche in der Bundesrepublik auf stolze 17 Hektar angewachsen.

Lächerlich, wenn man sie mit den vielen tausend Hektar vergleicht, die in Österreich auf diese Weise bepflanzt wurden, aber doch ein Schritt in eine spannende Richtung. Was die deutschen Erzeuger nämlich aus dem Grünen Veltliner keltern, ist fast nie als Alltagstropfen gedacht, sondern immer von besonderer Aufmerksamkeit begleitet. Als Massensorte taugt der Veltliner eh kaum, Geld ist mit ihm erst dann zu verdienen, wenn man ihn sorgfältigst ausbaut und zu einem entsprechenden Preis an Kenner verkaufen kann.

Gunter Künstler macht das richtig: Gerade mal 1600 Flaschen wurden zuletzt pro Jahr mit Veltliner gefüllt und für 17,50 Euro das Stück abgegeben. Ein Preis, der einen nur dann schlucken lässt, wenn man ihn noch nicht verkostet hat – dann aber weiß man den knochentrocken vinifizierten, pfeffrig-würzigen Tropfen sehr zu schätzen.

FINESSE STATT WUCHT

Man merkt dem Künstler-Wein und den anderen deutschen Veltlinern schnell an, dass es sich nicht um Wachauer Smaragde handelt. Schmelz und Wucht fehlen fast allen, sie bewahren stattdessen eine nicht selbstverständliche Finesse, verbunden mit Riesling-untypischer Würze. Der straffe Koegler-Wein zum Beispiel – oder der knackige rheinhessische Veltliner, der seit einigen Jahren im Weingut Strub ausgebaut wird. Auch Steffi Weegmüllers Grüner Veltliner aus der Pfalz muss sich nicht verstecken:

Er wird, wie fast alle seine Pendants, mit Schraubverschluss gefüllt, ist nicht vom Alkohol dominiert, sondern auf den ersten Schluck attraktiv. Eine ziemlich eindrucksvolle und logische Ergänzung des Rieslings. Höhere Ansprüche befriedigt sogar das Weingut Klein aus Hainfeld: Wohl kein anderes deutsches Weingut interessiert sich so für die Austria-Rebe wie dieser Südpfälzer Betrieb, der neben dem Standard-Veltiner auch einen komplexen Lagenwein abfüllt.

Doch stimmt eigentlich die Aussage mit der österreichischen Spezialität? Ja und nein. Im 19. Jahrhundert, bevor die Reblaus begann, ihr Unwesen zu treiben, wurde Veltliner auch in manchen Teilen der Bundesrepublik gepflegt, verschwand dann allmählich zugunsten ertragsstärkerer Sorten, wurde aus dem Gedächtnis der Winzer entfernt.

Dort ist sie zwar mittlerweile wieder angekommen, doch trotz aller Erfolge dürfte Veltliner den Riesling nicht so schnell verdrängen. „Vorerst haben wir nicht vor, die Fläche auszuweiten“, sagt Gregor Breuer vom Weingut Künstler. „Die Rebsorte soll eher eine Spezialität sein.“ Echte Konkurrenz müssen die Österreicher vorerst nicht fürchten.

Grüner Veltliner in Deutschland

Weingut Künstler, www.weingut-kuenstler.de

Weingut Koegler, www.weingut-koegler.de

Weingut Weegmüller, www.weegmueller.de

Weingut Lukas Krauß, www.lukaskrauss.de

Weingut Klein, www.weingut-gerhard-klein.de

Weingut Strub, www.strub1710.de

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

Sicherheitscode eingeben:

Nach oben

Jetzt Facebook-Fan werden und keine Story verpassen

Jetzt Facebook-Fan werden

Jetzt den Wein.com
Newsletter abonnieren

Immer auf dem aktuellen Stand - das Wein.com Mailing kostenlos abonnieren.

Datenschutz wird bei uns gross geschrieben - wir geben Ihre Daten niemals weiter. Der Newsletter kann jederzeit gekündigt werden.