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Das Friaul – Ein Kleinod für Genussentdecker

Das Friaul – Ein Kleinod für Genussentdecker
Copyright Anja Hanke

Sie werden immer seltener – diese Inseln im grossen Meer der Weinwelt. Inseln, die noch Raum für Geheimtipps, Entdeckungen und Überraschungen bieten. Das Friaul-Julisch Venetien ist so ein Paradies. Angrenzend an Kärnten und Slowenien steht es für Weine, die oft das Ergebnis von Passion, Handarbeit und Mut sind. Denn dafür steht das Friaul auch: Für Genussquerdenker … nicht nur in Sachen Wein.

Der Weingott meinte es sehr gut mit den Friulanern. Denn hier schenkte er sein Füllhorn ganz besonders grosszügig aus. Viele Weiss- und Rotweinreben gedeihen in dem sonnenverwöhnten Klima der Grenzregion – und reifen zu vielschichtigen, komplexen, kraftvollen und alterungsfähigen Weinen heran. Attribute, die man eigentlich gern den roten Vertretern zuspricht.

Doch nicht nur Merlot, Cabernet und das regionale Dreigespann Refosco, Schiopettino und Pignolo lassen sich diese Merkmale zuschreiben. Es sind vor allem die Weissen, denen mehr und mehr Winzer Aufmerksamkeit schenken. Das liegt zum einen in dem ungewöhnlichen Potential der weissen Trauben. Aber auch an der Mentalität der Winzer.

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Denn hier findet man einige, die jenseits von Massenkompatibilität denken – und dementsprechend handeln. Still und leise tüfteln sie vor sich hin. Den leichten Weg über den grossen Konsum sollen andere gehen. Denn sie spüren etwas, dass tief in ihrem Inneren wie ein Feuer lodert. Etwas, dass sie antreibt und anders macht; ihnen einen höheren Anspruch an ihr Handeln und Schaffen gibt.

Das Collio und seine Patrioten

Tief in den fruchtbaren, sanften Hügeln des friulanischen Collios versteckt, das Meer nicht weit entfernt, fast an der Grenze zu Slowenien, findet man einen von ihnen: das Weingut Edi Keber. Einen Winzer, der wahrlich seinen eigenen Weg geht. Anstatt sich auf die Masse einer repräsentablen Weinlinie zu konzentrieren, setzt er auf einen einzigen Wein.

Autochtone Rebsorten beim Weingut Edi Keber
Autochtone Rebsorten beim Weingut Edi Keber

Einen geschmacklichen Fussabdruck der Region“, erzählt Kristian Keber, der Sohn des Winzers. Der Familie Keber reicht es nicht, dass das Collio Weine unter dem Gebietssiegel D.O.C. vinifizieren darf. Sie geht noch einen Schritt weiter. „Wir schauen nicht auf das, was der Markt braucht, denn ständig sind andere Rebsorten im Trend“, erzählt Kristian Keber.

Uns sind die Region, der Boden und unsere autochthonen Rebsorten wichtig.“ Ebenso wie Bordeaux oder Chianti wollen die gradlinigen Kebers eine Marke schaffen, die eine starke Aussage für die Region ist. Ein geflügeltes Wort, dass dem Geniesser auch etwas über die Herkunft des Weines erzählt. Ein Wein, der schlicht Collio heisst.

Vor 19 Jahren startete Edi Keber dieses Projekt. Nach und nach stellte er seine anderen Weine ein. Übrig blieb eine Cuvée aus den regionalen Rebsorten Friulano – für den Körper und die Struktur –, Ribolla Gialla – für die Säure – und Malvasia Istriana – um die Aromatik zu stützen. Die Trauben werden im höchstmöglichen Reifegrad geerntet, vergoren und reifen mit Batonnage im Zementtank; ein kleiner Teil des Friulanos reift sechs Monate in 10 Jahre alten grossen Fässern, um den Wein runder und fetter zu machen.

Über die Region sprechen

Natürlich schmeckt der Wein immer differenziert, hat andere Nuancen. Aber das liegt an den Begebenheiten der einzelnen Jahrgänge, die Handschrift ist immer dieselbe. Unsere Collios sind wir.

Weine, die intensiv, ausbalanciert, elegant und langlebig sind. Weine, in denen grosszügige Frucht und Terroir nahtlos ineinander übergehen. 50.000 Flaschen jährlich. „Unser Weingut ist nicht riesig – aber wir wollen etwas verändern!“, sagt der Endzwanziger bestimmt, der die Vision seines Vaters schon seit frühester Kindheit lebt.

Die Klebers sind nicht nur Patrioten. Sie sind auch Teil einer Gemeinschaft, die eigene Fingerabdrücke hinterlassen möchte. Die stolz auf ihre autochthonen Rebsorten ist. Dies jedoch auch stets in Verbindung mit den besonderen Möglichkeiten der einzelnen Mikrokosmen betrachtet, die die Region zu bieten hat. „Wir wollen den Geschmack und den Duft unseres Landes in die Welt tragen“, sagt Kristian Kleber.

Ein kompromissloser Geschmacksfanatiker

Mindestens drei Jahre lagern die exquisiten Essige bei Joško Sirk im Bariquefass
Mindestens drei Jahre lagern die exquisiten Essige bei Joško Sirk im Bariquefass

Auch Joško Sirk liebt die Düfte des Friauls. Seine Nase, ein wichtiges Instrument. Eigentlich sollte man meinen, dass der Gastronom aus Cormons im friaulischen Collio mit seinen zwei Restaurants – der Subida Osteria und der Subida Trattoria al Cacciatore – genug zu tun hat.

Aber er gehört ebenfalls zu ihnen: Diesen Passionisten, die einem bestimmten Geschmackserlebnis hinterherjagen. So tüftelt er an etwas Feinsäuerlichem, das zwar aus den Trauben des Collios gewonnen wird, im Keller reift – aber doch kein Wein ist. Joško Sirk verwirklicht seine Vision vom perfekten, herrlich duftenden Essig. Und das nicht – wie gewöhnlich – aus Wein, sondern aus ganzen Ribolla Gialla-Trauben, der uralten Rebe des Friauls.

Ich will Essig aus dem Reinen der Natur machen“, meint er mit einem bestimmten, kompromisslosen Kopfnicken. „Erst habe ich es mit den besten Weinen versucht, aber das Ergebnis ist nicht gut, einfach nicht dasselbe. Warum sollte man sich mit weniger zufrieden geben als mit dem Besten?!“ Ratlos und fast ein bisschen ungeduldig blickt er durch das Kellergewölbe.

Die wunderbare Verwandlung der Traube zu Essig

Aufmerksam kontrolliert Joško Sirk die Qualität seiner Essige
Immer wieder wird die Qualität der Essige genaustens kontrolliert

Zuerst maischt Joško Sirk die Trauben ohne Stil ein, so dass innerhalb von zehn Tagen ein Jungwein entsteht. Diesen versetzt er mit der Essigmutter. Binnen eines knappen Jahres verwandelt diese den Alkohol in feine Säure. „Dann presse ich den Trester, entferne ihn und lege den Essig mindestens drei Jahre in gebrauchte Barriquefässer zum Schlafen. Denn er braucht seine Zeit um rund und weich zu werden.“

Von einem Kilo Trauben bleiben nach der Fermentation und der Lagerung nur noch etwa 30 Prozent an Essig übrig. „Ich habe eben ein aufwendiges und teures Hobby“, lacht er zufrieden. Denn die Masse interessiert ihn nicht, sondern die Qualität. „Ich bin ein Geschmackspatriot. Man soll einfach die Arbeit und Natürlichkeit hinter der Essenz schmecken. Dann lebt sie!

Sein Essig ist intensiv, würzig, aber auch honigsüss und fruchtbetont. „Er hat so viele Facetten, dass ich gern mit ihm in der Küche experimentiere. Er ist herrlich zu Steaks oder Fisch, auf Austern, aber ich verwende ihn auch beim Karamellisieren von Kaiserschmarrn.

Genau darum geht es diesen an der Norm zweifelnden Querdenkern: um den Geschmack, das Besondere und vor allem um die Veränderung. Denn sagte nicht schon der britische Schriftsteller Aldous Huxley: Den Fortschritt verdanken wir den Unzufriedenen … !?

Weitere Informationen unter www.acetosirk.it, www.piccolocollio.it, www.turismofvg.it.

Über die Autorin

Es gibt sie ganz selten. Doch Anja Hanke hat das grosse Glück zu ihnen zu gehören: Den Menschen, die ihr Hobby zum Beruf machen konnten.

Sie liebt gutes Essen, handgefertigte Weine, erlesene Produkte und diese Verbindung an den verschiedensten Orten dieser Welt einzufangen – und für ihre Leser genussvoll aufzubereiten.

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