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Amarone – Der besondere Rotwein mit Kultfaktor

Amarone – Der besondere Rotwein mit Kultfaktor
Copyright Masi Agricola

Die italienische Spezialität ist mehr als einfach nur ein hochwertiger Rotwein aus dem Veneto. Entstanden ist er einst als Zufallsprodukt. Behaupten zumindest die Winzer. Egal, solche Zufälle darf es ruhig öfter geben.

Ein guter Amarone zeigt sich im Mund mit einer beeindruckenden Kombination aus Pflaumen, getrockneten Früchten, Tabak, Nelken, Weihnachtsgewürzen und Zartbitterschokolade. Nun gut, so schmecken einige andere Rotweine auch. Dennoch ist dieser Wein etwas Besonderes und die Zahl seiner Anhänger nimmt zu, besonders in der kühleren Jahreszeit. Denn er ist sehr kraftvoll, fast schon mächtig, extraktreich, dicht und mit einem Hauch feiner Süsse ausgestattet. Das richtige Getränk, wenn das Wetter einem die kalte Schulter zeigt.

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Laut Definition ist ein Amarone ein aus getrockneten Trauben gekelterter Rotwein aus der Region Valpolicella, der das Qualitätssiegel DOCG trägt. Getrocknete Trauben, aha. Damit sind aber nicht Rosinen gemeint, die man in der Küche überwiegend für Süssspeisen verwendet. Da wäre die Ausbeute doch sehr karg.

Der Geschmackszauber von Amarone

Sandro Boscaini - Präsident des Amarone-Spezialisten Masi Agricola
Sandro Boscaini – Präsident des Amarone-Spezialisten Masi Agricola

Der Wein wird aus den regionstypischen Sorten Corvina, Corvione Veronese, Rondinella und Molinara gewonnen. Geerntet werden nur vollkommen gesunde Traube, ausserdem müssen sie vollkommen trocken sein. Das Spezielle dabei ist, dass man die Trauben nach der Lese trocknet. Dazu werden sie in kleine Holzkisten gegeben, die üblicherweise aus Holzlatten bestehen, um die Luftdurchlässigkeit zu garantieren.

Eine andere Variante sind Plastikkisten, während das traditionelle System vorsieht, dass die Trauben auf Bambusgeflechte gelegt werden, die mit einem Holzrahmen umwickelt sind. Die Räume müssen dabei immer gut durchlüftet sein, damit der Feuchtigkeitsgehalt der niedrig bleibt. Daher werden oft Dachböden von Bauernhäusern zum Trocknen verwendet.

Wie auch immer, die Dauer des so genannten Rosinierens beträgt in der Regel 60 bis 100 Tage, wobei schlecht gewordene Beeren entfernt werden müssen. Danach haben die Früchte rund 1/3 bis zur Hälfte ihres Gewichtes verloren, weisen aber dafür einen hohen Zuckergehalt auf. Dieser sorgt dafür, dass nach dem langsamen Vergären der Amarone mehr Alkohol als andere Weine aufwiest, in der Regel um die 15 bis 16 Volumenprozent. Aber durch das kräftige Geschmacksbild ist der Alkohol gut eingebunden und riecht und schmeckt nicht leicht brandig, wie etwa Weine aus anderen Regionen mit einem ähnlich hohen Alkoholgehalt.

Doch ein guter Amarone braucht auch Zeit. Er reift meist mindestens zwei Jahre, bevor er in den Verkauf kommt und ein Riserva darf sogar vier Jahre lang reifen. Üblicherweise verwendet man dafür Holzfässer mit einem Inhalt von 1.500 bis 5.000 Liter, seit einigen Jahren setzen die Winzer aber auch auf den Einsatz von Barriques.

Eine Zufallsentdeckung

Appassimento im Mazzano Weinberg
Appassimento im Mazzano Weinberg

Wie aber kam man auf den Gedanken, Trauben erst zu trocknen? Bereits im 16. Jahrhundert wurde ein Teil der Ernte auf Holzrosten getrocknet. Daraus wurde dann im Winter ein Wein gekeltert, der wegen des hohen Zuckergehaltes meist nicht vollständig durchgären konnte. Das Resultat nannte man Recioto della Valpolicella.

In den 1930er Jahren aber, so ist es zumindest überliefert, begann in einer Genossenschaft ein Fass Recioto wieder zu gären und die Hefen verwandelten den noch vorhanden Zucker in Alkohol um. Das war in der Region durchaus bekannt und passierte einfach von Zeit zu Zeit, allerdings meist nur in kleineren Mengen. Bei der Genossenschaft dagegen war damals ein grosses Fass davon betroffen und anstelle des süssen Weines war es nun ein nahezu trockenes Gewächs mit viel Alkohol und Kraft, das wegen seines eher ungewohnten Geschmacks kaum Käufer fand.

Wie auch immer, der Name Amarone wurde erstmals 1938 schriftlich erwähnt, aber erst ab 1950 begannen die Winzer die Fähigkeit der Trauben zum Durchgären systematisch zu nutzen. Während aber die Mengen damals mangels Nachfrage gering blieben, änderte sich das knapp 40 Jahre später allmählich. Trinkexperimentierfreudige Weinliebhaber entdeckten den Charme des Amarone und seitdem steigt der Absatz kontinuierlich an.

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Nun ist ein sehr guter Amarone nicht billig. Daher kam man auf die Idee, eine günstigere Variante zu produzieren, den Ripasso. Dafür werden einem bereits vergorenen Wein im Frühjahr getrocknete Traubenschalen aus der Amarone-Herstellung zugesetzt. Durch die in den Schalen enthaltenen konzentrierten Inhaltsstoffen wie Hefen und Zucker erfolgt eine erneute Gärung und der Wein wird kräftiger und aromatischer. Nun gibt es zwar viele Ripasso-Weine, die eher fade schmecken, Doch ein wirklich guter zeigt im Mund Aromen von Waldfrüchten, Kirschen, getrockneten Zwetschgen, etwas Trüffeln sowie feine Röstnoten.

Am besten man vergleicht selbst, was man lieber auf dem Tisch stehen hat, einen Amarone oder einen Ripasso.

Über den Autor

Wolfgang Hubert ist seit über 20 Jahren als Weinjournalist, Verkoster und Autor tätig und war bis 2008 außerdem Chefredakteur des Magazins „getränke markt“. Seit Ende 2014 ist er Chefredakteur des Genussmagazins "selection".

Dazu schreibt oder schrieb er regelmässig diverse Beiträge unter anderem für WeinWisser, Vinum, Wein Gourmet, essen & trinken, sowie für renommierte Tages- und Wochenzeitungen.

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