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Corvina – Venezianischer Trocknungskünstler

Corvina – Venezianischer Trocknungskünstler
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Herkunft und Technik scheinen im Falle der Corvina wichtiger als der Name der Rebe, zumal ihr Ertrag meist mit dem anderer roter Varianten kombiniert wird. Was am Schluss aller Bemühungen auf die Flasche gezogen wird, ist vor allem unter dem Namen Amarone längst zu Weltruhm gelangt.

Als Tafeltraube taugt Corvina wenig. Vergleichsweise dicke, gerbstoffhaltige Beerenhäute machen den Verzehr zu einer eher adstringierenden Angelegenheit. Doch in einem nördlichen Teil Italiens hat man für die Trauben dieser Sorte eine ganz andere Verwendung gefunden: Die Ernte wird nicht sofort gekeltert, sondern an geschützten Plätzen gelagert, regelmässig gewendet und auf diese Weise weitgehend getrocknet.

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Nach etlichen Wochen presst man die verbleibende Menge an Trauben und verarbeitet den umso konzentrierteren Most zu einer Spezialität, die nicht nur in grosses Ansehen Italien geniesst: Amarone gilt als Exzentriker unter den edlen Roten der Weinwelt.

Getrocknet und gereift

Sonnengetrocknete Corvina für Amarone
Sonnengetrocknete Corvina für Amarone

Allerdings wird Corvina, die auch als Corvina Veronese bezeichnet wird und über deren Abstammung man nur in begrenztem Rahmen Bescheid weiss, meist nicht reinsortig ausgebaut.

Zusammen mit dem verwandten Corvinone, den Sorten Rondinella und Molinara entstehen der normale Valpolicella aus ungetrockneten Trauben, der doppelt vergorene Ripasso sowie, an der Spitze der Qualitätspyramide, der süsse Recioto della Valpolicella sowie der trockene Amarone.

Beide würde es vermutlich nicht geben, wäre deren Hauptsorte nicht so unempfindlich gegen Schimmel und Pilze. Die Beeren trocknen auf diese Weise gleichmässig und langsam ein und verlieren einen Grossteil ihres Wassergehaltes.

Für den Recioto werden übrigens oft die bei der Ernte reiferen, aus besonders sonnigen Lagen stammenden Trauben verwendet, für den Amarone die nicht ganz so zuckerreichen. Am Ende steht in jedem Fall ein mächtiger, würziger Wein, dank der Konzentration relativ alkoholreich und lange haltbar.

Herrschten in Italien tiefere Temperaturen, könnte man aus Corvina vermutlich auch Eiswein keltern: Um die Trauben gesund zu halten, bis der Frost kommt, ist eine unempfindliche Beerenhaut nämlich ebenfalls geeignet.

Bardolino und mehr

Valpolicella ist zwar die bekannteste Herkunftsbezeichnung, in der Corvina eine Rolle spielt, aber nicht die einzige. Auch die Weine der DOC Bardolino werden zu einem erheblichen Teil aus Trauben der venezianischen Paradesorte gewonnen, auch in diesem Falle sucht man den Namen auf den Etiketten in der Regel vergeblich. Selbst wenn Bardolino nicht immer das Renommee des Valpolicella geniesst, kann man angenehme Überraschungen erleben, vom frischen Rosé bis zum kraftvollen, langlebigen Rotwein.

Einige aufstrebende Newcomer der Region Veneto scheren sich darüber hinaus wenig um das althergebrachte DOC-System, haben aber ebenfalls Gefallen an der Corvina gefunden. So baut die Alpha-Zeta-Kellerei beispielsweise puren Corvina aus und druckt munter den Namen der Sorte aufs Etikett.

Sogar Schaumweine aus Corvina werden am Markt platziert und zeigen, dass Experimente auch wenig bekannte Traubensorten zu neuen Ufern führen können. Dass sie allerdings in anderen Ländern anlandet, die Corvina Veronese, ist nicht zu erwarten; ausserhalb ihrer Heimatregion ist sie fast nicht anzutreffen.

Amarone und schwere Kost

Wer die Parade-Corvinas, vor allem in Form des Amarone, mit den richtigen Speisen verbinden möchte, sollte weder an Fleisch noch an Wein als Zutat sparen. Die mächtigen, oft 15 oder 16 Alkoholprozente aufweisenden Spezialitäten halten mit allem mit, was man sonst nur mühsam mit vergorenen Trauben verknüpfen kann. Kraftvolle Schmorgerichte wie Ochsenschwanz oder Hirschkeule sind optimal geeignet, auch mit gebratenem Zicklein oder intensivem Lammragout kann sich Amarone anfreunden.

Wenn die Saucen viel Rotwein enthalten, ist Harmonie garantiert, wenn in ihnen auch noch Schokolade oder Essig enthalten sind, schadet das nicht. Pfeffer und Trockenfrüchte im Essen sind fast immer ideal, nur zu süss darf die Sauce nicht sein – es sei denn, man würde auf den Recioto della Valpolicella mit reichlich unvergorenem Zucker ausweichen.

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Beim Käse wiederum darf man auch die intensivsten Sorten wählen und auf Geschmackserlebnisse hoffen. Sehr alte Parmigianos, vier oder mehr Jahre gereifter Sbrinz aus der Schweiz, sogar Blauschimmelkäse, die sonst eher zu Süssweinen wie Sauternes empfohlen werden, kommen mit Amarone zurecht.

Gorgonzola, Bleu d’Auvergne oder Fourme d’Ambert sind in dieser Hinsicht dankbar, nur beim Roquefort streiten sich Schärfe und Salz mitunter mit dem Alkohol und den Gerbstoffen des trockenen Weines, weshalb an dieser Stelle des Essens wieder mal die süsse Corvina-Variante zu ihrer Berechtigung käme.

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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