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Der Sinn der Blindverkostung – pro und contra

Der Sinn der Blindverkostung – pro und contra
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Da scheiden sich die Geister. Manche halten Blindverkostungen für das einzig Wahre, andere lehnen sie strikt ab. Beide Fraktionen haben gute Argumente.

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Nun, eine Weinprobe macht immer Spass. Sofern die Weine zumindest gut sind. Bei der Suche nach dem besten Wein am Tisch wird in der Regel blind verkostet. Eigentlich sollte es jedoch verdeckte Verkostung heissen, schliesslich probiert man ja nicht mit verbundenen Augen. Diese Art von Weinprobe hat sicher den Vorteil, dass man sich nicht vom Namen des Winzers beeinflussen oder von der Schönheit des Etiketts ablenken lässt und somit ein paar Extrapunkte vergibt. Quasi Eistanz-Jury. Dort ist man dann doch als Zuschauer mitunter etwas verwundert, was sich die Juroren bei der Bewertung einzelner Kandidaten wohl dachten.

Gründe, die für Blindverkostungen sprechen

Natürlich kommt es in der Realität vor, dass man bei einer offenen Probe durchaus geneigt ist, ein renommiertes Weingut besser zu bewerten als den nahezu identischen Wein eines eher unbekannten Erzeugers. Oder, im Gegenteil, man vom Flascheninhalt des vermeintlichen Topproduzenten etwas enttäuscht ist und die Bewertung daher etwas niedriger ansetzt. Quasi persönliche Betroffenheit.

Nun gibt es das Argument, eine Bewertung sei nur dann objektiv, wenn man ohne Kenntnis des Erzeugers, der Lage oder der Arbeitsweise des Winzers eine Bewertung durchführe. Nach dem Motto, nur wer verdeckt verkostet, kann unvoreingenommen Punkte vergeben. Ausserdem würden Verbraucher ja auch im Allgemeinen ohne Vorkenntnisse einen Wein trinken. Letzteres sei einmal in Bezug auf die Realität dahin gestellt, wer Wein selbst kauft und gerne geniesst, wird den Wein zumindest nach eigenen Kriterien auswählen und sei es nur, dass man sich von einer anderen Rebsorte oder Anbaugebiet überraschen lassen will.

Gründe dagegen

Gegner der Blindprobe kritisieren, dass man sich somit die Möglichkeit nehmen würde, eventuell bereits vorhandene Kenntnisse über Lageneigenschaften, Reifepotenzial oder bestimmte Handschriften eines Winzers in die Beurteilung mit einfliessen zu lassen. Dadurch käme es nicht selten vor, dass elegante Weine oder Gewächse, die einfach viel Zeit zur Trinkreife benötigen gegenüber sehr fruchtbetonten oder anderen Kraftprotzen bei Blindverkostungen zu Unrecht schlechter abschneiden würden.

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Nun, das ist natürlich auch Erfahrungs-, Geschmacks und Zeitsache. Wer sich eingehend mit den Proben befasst und nicht im Eiltempo fertig werden will, wird sicher etwas fairer bewerten können, sofern gewisse Vorkenntnisse vorhanden sind. Und wer beispielsweise viel Frucht oder ausgeprägte Mineralität liebt, wird weniger fruchtige oder mineralische Weine zumindest gelegentlich niedriger bewerten als der Tischnachbar.

Wie auch immer, Wein ist auch Kultur und wirklich seriöse Kulturkritik lebt auch vom Urteilsvermögen des Kritikers. Und dazu gehört auch, dass man weiss, über was man urteilt. Bei einer Blindprobe in Chablis vor einigen Jahren fielen bei den heimischen Juroren alle Weine durch, die Kontakt mit Barriques hatten. Die ausländischen Juroren aber beurteilten diese Weine zum Teil völlig anders.

Das Resultat

Und was ist die Schlussfolgerung? Wer beispielsweise die fünf besten Weine aus Australien unter 50 Weinen herausfinden will, sollte idealerweise mehrmals verkosten. Zum einen blind, zum anderen mit Infos über die jeweiligen Besonderheiten der Weine und der Winzer und am besten auch noch ein, zwei Tage später, um zu sehen, wie sich die Weine dann präsentieren. Welcher Wein dann die höchste Punktzahl hat, dürfte zu Recht als Sieger gelten.

Und wer Weine sucht, von denen man gerne mehr als ein Glas am Abend trinkt, sollte darauf achten, welche Flaschen am ehesten leer waren. Das sind zwar nicht immer die Besten, aber die Trinkfreudigsten.

Über den Autor

Wolfgang Hubert ist seit über 20 Jahren als Weinjournalist, Verkoster und Autor tätig und war bis 2008 außerdem Chefredakteur des Magazins „getränke markt“. Seit Ende 2014 ist er Chefredakteur des Genussmagazins "selection".

Dazu schreibt oder schrieb er regelmässig diverse Beiträge unter anderem für WeinWisser, Vinum, Wein Gourmet, essen & trinken, sowie für renommierte Tages- und Wochenzeitungen.

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