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Berühmte Weinlagen – Zöbinger Heiligenstein

Berühmte Weinlagen – Zöbinger Heiligenstein
Copyright POV / Robert Herbst

Es ist nicht etwa eine der berühmten Wachauer Lagen, die vielen Kennern als beste Rieslingparzelle Österreichs gilt. Seit Jahrhunderten schwärmen Winzer, Verkoster und Sammler in erster Linie vom Heiligenstein im Kamptal. Wo man nicht nur Fossilien, sondern neben Rieslingstöcken auch ein paar ungewöhnliche Reben mit roten Trauben finden kann.

Mit Marillenpalatschinken kann man aufhören. Oder mit Malakofftorte. Vielleicht sogar noch mit ein paar von jenen hausgemachten Pralinen, die seit einiger Zeit zu den Spezialitäten im legendären Gasthaus Gutmann gehören – der Juniorchef und seine Frau haben sich in dieser Hinsicht spezialisiert.

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Ob zu derlei Süssspeisen ein durchgegorener Riesling der unmittelbaren Umgebung passt, kann man kritisch hinterfragen, aber dass man den Wein aus der Lage Zöbinger Heiligenstein unbedingt zum Faschierten oder zum Schweinskarree trinken muss, ist allen hier klar. Allen, die von den Besonderheiten dieser Parzelle berichten können.

Von der Wüste zum Rebberg

Das aussergewöhnliche Klima bringt einzigartige Weine hervor
Das aussergewöhnliche Klima bringt einzigartige Weine hervor

Doch was heisst reden. Man muss ja nur hinsehen und merkt dann, wie sehr sich der aufragende Hügel, ein Teil des Manhartsbergs, unterscheidet von den ebenfalls renommierten Weinbergen der Umgebung.

Ein Hauch von australischem Ayers Rock umweht den aus rötlichem, längst verwittertem Wüstensandstein bestehenden Heiligenstein, der auch reichlich Konglomerate aus Vulkanbestandteilen aufweist. Eine einzigartige Gesteinsformation, die in keiner Weise vergleichbar ist mit denen der übrigen renommierten Weinlagen der Umgebung, sei es im Kamptal, sei es im Kremstal oder im Weinviertel.

Nicht mal in der berühmten Wachau ist Ähnliches zu entdecken. Zöbinger Perm nennt man diesen besonderen Untergrund und verweist, was die Entstehung angeht, auf die Epoche zwischen 290 und 250 Millionen Jahren vor unserer Zeitrechnung.

Heiss und unwirtlich muss es damals gewesen sein, doch mitnichten vegetationsfrei. Noch immer finden die Winzer dann und wann versteinerte Pflanzen wie Farne und Schachtelhalme, entdecken Fossilien von Süsswassermuscheln. Versteinerte Holzkohle wiederum weist auf Waldbrände jener Zeit hin.

Riesling aus der Wüste

Von einer Wüste im strengen Sinne kann man heute nicht mehr sprechen, doch warm ist es schon und nicht selten ziemlich heiss. Am Tage zumindest, denn in der Nacht kühlt es zur Freude der Reben häufig ab. Der Name Heiligenstein weist dennoch in die Irre, denn einst sprach man vom Höllen- oder Hellenstein.

Hölle wurde die Lage womöglich deshalb genannt, weil die Arbeit hier im Hochsommer anstrengender war als anderswo im Kamptal. Dennoch glauben Forscher, dass der Name eher auf den Begriff Halde zurückgeht. Wie auch immer: Wer heute die Rebzeilen durchstreift, meint in einem südeuropäischen Weinberg zu stehen, denn Flora und Fauna unterscheiden sich deutlich von der Umgebung.

Die geschützte Kessellage sowie die Ausrichtung nach Süden und Südwesten sorgen dafür, dass auch geschützte Trockenrasenflächen vorkommen. Dass hier überwiegend der spät ausreifende Riesling wächst, hat gute Gründe.

Riesling bringt hier auch in schlechten Jahren spannende, mineralische und finessenreiche Ergebnisse, jedenfalls dann, wenn Bewässerung für stressfreies Rebenwachstum sorgt. Ohne derartige Hilfsmittel wird es in warmen, trockenen Sommern schwierig – nicht nur im Extremjahr 2003 konnte man deutlich merken, was es einst mit dem einstigen Wüstenboden und dem Namen Höllenstein auf sich hatte.

Ein Hauch von Aprikose

Der Naturkeller des Weinguts Jurtschitsch
Der Naturkeller des Weinguts Jurtschitsch

Wie spannend Heiligenstein-Riesling sein kann, zeigen am besten die ältesten Rebstöcke. Manche stammen noch aus den Sechzigern des letzten Jahrhunderts, bringen nur kleine Erträge, werden sorgsam gepflegt.

Das Weingut Bründlmayer verfügt über Spitzenweine von alten Reben, aber auch Jurtschitsch, Schloss Gobelsburg, das Weingut Hirsch und einige andere Erzeuger liefern regelmässig duftige, feine Rieslinge ab.

Oft weisen sie Noten von Aprikosen und exotischen Früchten auf, in warmen Jahren sind auch Anklänge an Orangen oder Mandarinen zu finden. Und wenn es mal nicht Riesling sein soll: Grüner Veltliner aus dem Heiligenstein ist zwar rar, aber meist ebenfalls grossartig.

Und auch beim Thema Rotwein sollte niemand die Lage abschreiben. Willi Bründlmayers Cabernet Franc zeigt, wohin die Reise dereinst gehen könnte. Dann nämlich, wenn es dem Riesling irgendwann zu heiss wird, setzt sich der Klimawandel im Ausmass der letzten Zeit fort: In 30 oder 40 Jahren könnte es so weit sein.

Bis dahin allerdings dürften noch zahlreiche feine, elegante und vor allem lagerungsfähige Weine entstehen. Dann und wann sind auch edelsüsse Kostbarkeiten darunter, wie sie dem Weingut Bründlmayer im botrytisreichen Jahrgang 2000 gelangen.

Die Beeren für eine Trockenbeerenauslese wurden damals sorgfältig gepresst und eineinhalb Jahre lang im kleinen Holzfass vergoren. So was Komplexes würde ohne jegliche Diskussion zu Malakofftorte und Pralinen passen – ganz sicher aber zu Marillenpalatschinken, die man bei einem Besuch im Gasthaus Gutmann auf keinen Fall auslassen darf.

Weine aus dem Zöbinger Heiligenstein

2014 Riesling Zöbinger Heiligenstein, Weingut Hirsch. Zarte Frucht, Aprikosen, ein Hauch Apfel, frisch, gar nicht cremig. Saftiger, feiner, eleganter Wein mit mässigem Alkohol und leicht salzigem Nachhall. 92 Punkte

2014 Riesling Zöbinger Heiligenstein, Weingut Bründlmayer. Fein, klar, noch verschlossen, straffe Säure, saftig, sehr frisch. 90 Punkte

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2004 Riesling Zöbinger Heiligenstein Lyra, Weingut Bründlmayer. Eindringlich, duftig, reife Melone, Kräuter, intensiv, kaum Alterungsnoten. 95 Punkte

2013 Riesling Zöbinger Heiligenstein Alte Reben Kamptal Reserve, Weingut Jurtschitsch. Klare, tiefgründige Aromen nach Aprikose, später auch reife Zitrus- und Blütennoten. Salzig, mineralisch, lang. 96 Punkte

2014 Grüner Veltliner Zöbinger Heiligenstein Kamptal Reserve, Weingut Peter Schweiger. Sortentypische Frucht mit Anklängen an Tabak, leicht cremig. 90 Punkte

2010 Riesling Zöbinger Heiligenstein Kamptal Reserve, Weingut Schloss Gobelsburg. Duftnoten nach exotischen Früchten, immer mehr Orange, auch Kräuter, fest und balanciert. 93 Punkte

Heiligensteinweine und ihre Erzeuger

Weingut Jurtschitsch, www.jurtschitsch.com
Weingut Bründlmayer, www.bruendlmayer.at
Weingut Hirsch, www.weingut-hirsch.at
Weingut Peter Schweiger, www.schweiger-wein.at
Weingut Schloss Gobelsburg, www.gobelsburg.at

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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