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Wo geht die Spitzengastronomie hin? Martin Fauster im Gespräch

Wo geht die Spitzengastronomie hin? Martin Fauster im Gespräch
Copyright Klaus Einwanger

Vier Köche nehmen sie mit uns auf den Prüfstand: die Gourmet Cuisine. Was ist gut? Was nicht? Und wo geht es hin? In dieser Folge sprechen wir mit Sternekoch Martin Fauster, der seit mehr als einem Jahrzehnt für die exquisite Handschrift im Gourmetrestaurant des Münchner Königshofs verantwortlich ist.

Er hatte einfach keine Lust mehr, die Schulbank zu drücken – darum heuerte der gebürtige Steirer Martin Fauster im Nachbarort Leoben in einem kleinen Landgasthof an. So schlicht und doch fundamental begann die Laufbahn des heutigen Sternekochs. Das Handwerk lernte er hier von der Pieke auf. Die Liebe zu natürlichen und frischen Lebensmitteln hatte er bereits in seinem Elternhaus mitbekommen.

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Dinieren mit Stil: Münchner Königshof
Dinieren mit Stil: Münchner Königshof

Auch wenn sich der junge Martin Fauster alles, was danach kam, nie hätte erträumen lassen – heute zählt er zur Elite der deutschen Spitzengastronomie. Nach Stationen u.a. im Grand Hotel Quellenhof in Bad Ragaz, im Steirereck in Wien, Maisons de Bricourt in Cancale und Tantris in München ist er seit 2004 im familiär geführten Luxushotel Königshof kulinarisch „sesshaft“ geworden. Hier zelebriert er eine klare Küchenlinie, ohne Schnickschnack und doch voller Raffinesse. Und von hier beobachtet er, was in der Szene so passiert. 

Herr Fauster, die Welt der Kulinarik hat verschiedene Eben und Schwierigkeitsgrade. Warum war es Ihnen so wichtig auf dem höchsten Niveau – der Gourmet Cuisine – zu agieren?

Als ich mich für die Laufbahn des Kochs entschied, ahnte ich nicht, welche Fülle an Möglichkeiten und Variationen dieser Beruf mit sich bringt. Erst im Laufe meiner Ausbildung und meiner ersten Berufsjahre wurde mir das so richtig klar. Meine erste Stelle als Jungkoch im Hotel Intercontinental in Wien zeigte mir dann endgültig die vielfältigen Wege, die ich als Koch gehen kann, auf. Mein Wissen erweiterte sich ständig, ich konnte experimentieren und meine Erfahrungen auf dem Teller umsetzen. Diese Begeisterung darüber treibt mich heute genauso an wie damals.

Was braucht man, um in der Königsklasse der Kulinarik ankommen zu können?

Neben dem klassischen Handwerk sind es sicher Attribute wie Leidenschaft, Ehrgeiz, Neugierde, Überzeugung und den Willen, immer wieder etwas Neues zu erschaffen. Und es braucht auch Freunde und Partner, die einen dabei fördern und unterstützen.

Und was braucht es, um in ihr so lange Zeit bestehen zu können?

(Er lacht.) Ich meine, hier hat jeder seine eigenen Visionen und Ideale. Bei mir sind das sicher auch Durchhaltevermögen, Ausdauer und ein bisschen Verrücktheit.

Welchen Stellenwert schreiben Sie dabei Talent zu?

Talent ist ein grosses Wort und wird von jedem anders wahrgenommen und interpretiert. Für mich ist es nicht das Wichtigste im Leben.

Wenn Sie in die Zukunft der Spitzengastronomie blicken – wo geht es hin?

Die Spitzengastronomie hat heutzutage ohne Frage einen hohen Stellenwert beim Gast und wird sehr geschätzt. Dennoch ist die Spitzengastronomie aufgrund der Materialien, des Wareneinsatzes, der Zubereitungsarten, der benötigten Technik und des entsprechenden Personals ohne einen starken finanziellen Partner schwer zu betreiben. Die Fixkosten sind hoch. Nach meiner Überzeugung wird die Zukunft der Spitzengastronomie nur in einer Symbiose mit starken Partnern zu finden sein.

Welche Trends zeichnen sich ab?

Regionale Spezialität: Marinierter Huchen mit Sauerampfer
Regionale Spezialität: Marinierter Huchen mit Sauerampfer

Ich sehe, dass man mittlerweile flächendeckend in Deutschland qualitativ sehr gut essen gehen kann. Auch ausserhalb der ausgezeichneten Restaurants. Jedoch denke ich, dass sich an der Attraktivität des Berufsbildes Koch einiges verändern muss. Sonst werden wir nicht mehr diese Vielfalt und Ausgefallenheit – vor allem junger Nachwuchsköche, die einfach einmal etwas ausprobieren – haben.

Was halten Sie von Trends generell?

Ich persönlich halte nicht viel von Trends und habe meinen eigenen Küchenstil, dem ich quasi treu bin. Natürlich probiere ich aus, variiere, vermische Materialien neu. Dies hat jedoch nichts mit Trends zu tun. Grundsätzlich sollte man sich keinen Entwicklungen verschliessen, denn manches was früher einmal ein Trend war, ist heute Basis jeder Küche – und von einem Trend spricht niemand mehr.

Würden Sie sagen, dass auch Sie Trends gesetzt haben oder setzen?

Wie gesagt, ich bin seit vielen Jahren meiner Linie mehr oder weniger treu – und habe dadurch weniger einen Trend entwickelt, sondern meinen Stil und meine Küche kultiviert. Einen grossen Teil tragen dazu auch unseren Produzenten und deren Produkte bei. Meine Philosophie basiert auf der Überzeugung, dass ein qualitativ hochwertiges Produkt mit handwerklicher Perfektion zu einem einzigartigen Erlebnis wird. Diese Vision stelle ich bei all meinen Gerichten in den Vordergrund.

Welche Veränderungen müssen vielleicht auch sein?

Heutzutage wird ja viel über die sogenannte Work-Life-Balance gesprochen. An diesem Punkt sehe ich, dass wir in der Gastronomie in gewissen Bereichen noch dazulernen können. Und nicht nur können, sondern auch müssen! Insbesondere, wenn wir unseren hohen Standard in der Spitzengastronomie beibehalten und weiterführen möchten.

Ein ganz wichtiger Punkt ist hier natürlich auch der Mangel an Fachkräften. Dieses Problem geht auch am Berufsbild des Koches nicht spurlos vorbei. Gutes und nachhaltiges Investment in Ausbildung, Nachwuchsförderung, Fort- und Weiterbildung steht hier an erster Stelle.

Gibt es etwas, dass Sie rückblickend verändern würden?

Rückblickend – und mit dem Wissen und der Erfahrung von heute, meine ich, dass man vieles nicht so eng oder verbissen sehen sollte.

Welche regionale Spezialität haben Sie für sich entdeckt?

Den heimischen Huchen – eine wahrhaft majestätische Erscheinung: Ein lang gestreckter Körper mit einem kupferfarbenen-rotbraunen Rücken und dunklen Tupfen.

Ist hundertprozentige Regionalität in der gehobenen Küche überhaupt realistisch und ehrlich umsetzbar?

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Natürlich ist das machbar und nachhaltig obendrein. Spitzengastronomie mit regionalen Produkten hat eine grosse Zukunft. Nicht nur, weil wir alle ökologischer denken, sondern – aus der Sicht des Kochkünstlers heraus: Weil es eine Herausforderung ist, alles regional abzudecken und dadurch neue Rezepturen zu kreieren. Sehen Sie es einmal so: Weltweit nur das Beste zu kaufen, kann schliesslich (fast) jeder. Das ist weniger Kochkunst.

Haben Sie eine Lieblingssaison?

Ja, insgesamt vier verschiedene. (Er grinst.) Sprich alle Jahreszeiten, denn jede hat ihren Reiz, ihre Geheimnisse und ihre Besonderheiten.

Ohne was können Sie in Ihrer Küche nicht arbeiten?

Wenn ich jetzt meine Messer und mein Handwerkszeug ausser Acht lasse: Freude und Spass an der Arbeit sind – so einfach es klingt – Triebfeder und Voraussetzung.

Was war Ihre schlimmste Küchenpanne?

Leider kann ich hier mit keiner Geschichte aufwarten, die sehr erheiternd wäre. Wohl ein Glück für mich!? (Er lacht.)

Wie können junge Menschen heute für eine Küchenausbildung begeistert werden?

Genauso wie zu meiner Zeit ist eine gewisse Leidenschaft, Neugierde und Experimentierfreude Voraussetzung. Der nächste Schritt ist das Arbeitsumfeld, die Lehrmeister, die Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln und Gehör zu finden. Als Koch können Sie auf der ganzen Welt leben und arbeiten – das alleine ist schon eine schöne Perspektive.

Was halten Sie von Kochwettbewerben? Sind sie eine Chance für junge Köche?

Für meinen Geschmack wird das zurzeit etwas inflationär betrieben. Auf jeden Fall sind es gute Plattformen für junge Köche, um sich zu beweisen und gehört zu werden. Aber es ist nicht alles Gold was glänzt.

Wie wichtig ist es heutzutage für ein Spitzenhotel auch gleichzeitig ein Spitzenrestaurant zu haben?

In meinen Augen ist die Verbindung eines Luxushotels mit einer Sterneküche eine gelungene Verbindung, da die Gäste für beides affin sind und beides zu schätzen wissen.

Wie wichtig ist guter Wein im Zusammenspiel mit gutem Essen?

Es ist wie bei einer guten Ehe: Der eine kann nicht ohne den anderen. Allerdings ist eine gute Weinkenntnis – oder eine gute Empfehlung – Voraussetzung, um in vollen Zügen geniessen zu können. Eine Entwicklung in diesem Bereich ist, die Speisenfolge mit alkoholfreien Getränken zu begleiten – ob das nun ein Trend ist, mag ich nicht zu beurteilen.

Lassen Sie uns auch mal auf den Gast blicken. Was charakterisiert Ihrer Meinung nach einen Geniesser?

Mit Freude, Musse und Respekt Speisen und Getränken zu geniessen. Das schliesst schon mal das gleichzeitige Scrollen am Handy aus.

Wie sollte der Gast der Zukunft sein?

Der zukünftige Gast ist sicherlich in Teilen schon der heutige Gast: Mit einem grösseren Bewusstsein für Genuss, und Zeit.

Welcher Koch, welches Restaurant (gerne weltweit) steht Ihrer Meinung nach für die Gourmet Cuisine der Zukunft? Und warum?

Das lässt sich nicht auf eine Person reduzieren. Es ist immer ein Zusammenspiel verschiedener Menschen und Charaktere, variierender Zeiterscheinungen und Einflüsse von aussen, die einen unvergesslichen Aufenthalt im Restaurant vermitteln.

Nach welchem Motto leben Sie?

Ich bin kein Freund von Sprüchen – ich lebe bewusst und handle bewusst.

Nach welchem Motto kochen Sie?

Einfach geniessen.

Weiter Informationen unter: https://www.koenigshof-hotel.de/restaurants-bars/restaurant-koenigshof.html

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