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Extrem natürlich – Naturweine liegen im Trend

Extrem natürlich – Naturweine liegen im Trend
Copyright Weingut Heiner Sauer

Naturweine sind gefragt. Die mit weitgehendem Verzicht auf moderne Vinifikationsverfahren ausgebauten Spezialitäten gelten in Pariser oder Berliner Weinbars als letzter Schrei. Doch welchen Sinn es macht, Weissweine mit extremer Maischegärung oder ohne Zugabe von Schwefel zu vinifizieren, wird heftig diskutiert. Zumal kaum jemand genau sagen kann, was noch normaler Wein ist und was schon als Naturwein gelten darf.

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Natur ist eigentlich überall, Vins Naturels sind es mittlerweile offenbar auch. Die ganz besonderen Weine erfreuen sich seit einiger Zeit grosser Beliebtheit, werden von Weinfreaks gehypt. Doch was man sich genau unter Naturweinen vorstellen soll, ist auch in Winzerkreisen umstritten. Irgendwie natürlich sollen sie sein, also mit möglichst wenig Hilfsmitteln und Zusatzstoffen erzeugt, aber doch stabil und trinkbar. Eine Gratwanderung.

NATÜRLICH, ORANGE, BIOLOGISCH

Zumal die verwendeten Begriffe auch nicht gerade für Aufschlüsse sorgen. Das Wort Naturwein ist nicht gesetzlich definiert und wird vielfältig interpretiert. Bioweine wiederum sind per Definition natürlich, irgendwie, und wenn die Trauben aus biodynamischer Produktion stammen, wird noch mal eine Schaufel Natürlichkeit draufgelegt.

Eine massvolle Zugabe von Schwefel vor der Abfüllung ist für manche Winzer kein Hinderungsgrund, um Naturwein zu produzieren, während andere darauf schwören, dass wahrer Vin Naturel ohne jegliche Verabreichung fremder Stoffe hergestellt werden müsse. Schönung und Filterung ist meist, aber nicht immer tabu, Spontanvergärung die Regel. Auch beim Ausbaumaterial kann es unterschiedlich zugehen – Fässer, Tanks, Betoneier oder Amphoren.

Und das mit den Orange Wines ist eh eine Sache für sich: Diese Kategorie von Wein verdankt ihre Farbe der ausgiebigen Maischegärung, einer beim Weisswein eher unüblichen Form der Vinifikation; Orange Wine ist also keineswegs identisch mit Naturwein.

WAS HEISST EIGENTLICH NATURWEIN?

Jörn Goziewski, Kellermeister im Weingut Ankermühle im Rheingau, experimentiert gern. Ein Riesling namens Jesaja sorgte unter Naturwein-Fans schon für Begeisterung.

Herr Goziewski, Sie stellen einen etwas anderen Wein her, aber wie genau?

Jörn Goziewski: Das fängt im Weinberg an. Man arbeitet möglichst naturnah, verwendet nur gesunde Trauben. Das Winemaking ist äusserst untechnisiert. Bei mir wurde die Maische handgepresst (also so, also ob man Klösse macht), hefegerührt, unfiltriert, ein bisschen Schwefel für die Nase.

Ein Orange Wine oder ein Naturwein? Oder beides?

Jörn Goziewski: Die Grenze zum Naturwein liegt sehr nah. Orange Wine ist für mich nur der Szenebegriff. Definitiv sollten sie mit der Maische vergoren werden.

Wie lange war der Wein auf der Maische?

Jörn Goziewski: Der Maischekontakt 2011 betrug vier Wochen, abgefüllt wurde nach zwei Jahren Barrique bei Vollmond, 2013 betrug der Kontakt drei Monate, er liegt noch im Barrique. Mal gucken, wann ich den fülle. 2014 liegt seit der Lese auf der Maische. Hier werde ich irgendwann einen Teil abziehen und ins Holz packen und den Rest weiter „konzentrierter“ stehen lassen.

AMPHORE AUS DER PFALZ

Nicht nur im Rheingau wird experimentiert, auch in der Pfalz macht man sich Gedanken um den ganz natürlichen Wein. Wie Heiner Sauer, Bio-Winzer aus Böchingen, der sich irgendwann nicht mehr mit dem im Tank oder im Fass ausgebauten Wein begnügen wollte, sondern zur Amphore griff und seine persönliche Variante des Naturweines produzierte. Vor allem sein Gewürztraminer-Amphorenwein begeistert.

Herr Sauer, würden Sie Ihre Amphorenweine als Naturweine bezeichnen?

Heiner Sauer: Der Begriff Naturwein ist nicht definiert, ich würde schon unsere normalen Weine als Naturweine bezeichnen. Wenn man Naturwein jedoch so versteht, dass absolut keine Hilfsmittel verwendet werden, so würde das bei unseren Weinen nicht zutreffen, weil diese leicht geschwefelt wurden.

Auf welche Hilfsmittel/Stoffe verzichten Sie in diesem Falle?

Heiner Sauer: Beim Jahrgang 2012 verwendeten wir lediglich Schwefel, die Weine wurden filtriert und steril abgefüllt. Auch beim Jahrgang 2013 verwendeten wir lediglich Schwefel, der Wein wurde ohne Filtration abgefüllt und hat eine leichte Trübung.

Welche Traubensorten eignen sich für diese Art von Ausbau?

Heiner Sauer: Wir sind auf jeden Fall noch beim Experimentieren, wir arbeiten bisher nur mit weissen Traubensorten. Unser Favorit ist bisher Gewürztraminer. Vom neuen Jahrgang haben wir Gewürztraminer, Grauburgunder, Sauvignon Blanc und Riesling eingelagert.

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NATURWEINE AUS DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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