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Ein Blick in die Schatzkammer des Schweizer Weines

Ein Blick in die Schatzkammer des Schweizer Weines
Copyright Hans-Peter Siffert, weinweltfoto.ch

Im Jahr 2002 machten die vier Fachjournalisten Stefan Keller, Andreas Keller, Susi Scholl und Martin Kilchmann Nägel mit Köpfen: Sie gründeten die Vereinigung «Mémoire des Vins Suisses». Dank ihrer Initiative ist das Alterungspotenzial des Schweizer Weines endgültig bestätigt.

Das «Mémoire des Vins Suisses» (MDVS) ist eine Institution, doch nicht jeder Schweizer Winzer kann der Vereinigung beitreten. Für eine Aufnahme bestehen klare Selektionskriterien. MDVS-Weine sollen ja zu den verlässlichen Werten ihrer Region zählen.

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Sie repräsentieren das Typische eines Anbaugebiets in herausragender Form, sind geprägt von einem klar wiedererkennbaren Stil und haben das Potenzial, sich während mindestens zehn Jahren in positiver Richtung zu entwickeln. Heute sind dem MDVS fast 60 Spitzenproduzenten aus allen Weinbauregionen der Schweiz angeschlossen. Sie alle sind mit einem Wein aus dem Repertoire ihrer Weingüter vertreten.

Sichere Werte bei einer Tour de Suisse

Ganz im Süden der Schweiz entsteht seit Anbeginn der Betriebsgründung im Jahre 2006 ein Merlot, der einem in jedem Jahr und bei jeder Nachverkostung sowohl Erstaunen als auch Freude ins Gesicht zaubert.

Das Mémoire in der Drei-Seen-Region
Das Mémoire in der Drei-Seen-Region

Anna Barbara von der Crone und Paolo Visini vom Tessiner Weingut Kopp von der Crone Visini scheinen ganz genau zu wissen, wie sie ihren Rotwein namens Balin zu einem absoluten Spitzentropfen machen; dieser reine Merlot überzeugt immer wieder mit Tiefe, Ausgewogenheit und Nachhaltigkeit.

Im Nachbarkanton Wallis ist neben den autochthonen Rebsorten Petite Arvine, Heida und Amigne auch der Chasselas wichtig. Leider wurde mit dieser Schweizer Paradesorte in früheren Jahren unverzeihlicher Unfug betreiben. Aufgrund intensiver Massenproduktion hat man damals dem Chasselas viel von seiner Sortentypizität entzogen.

Gott sei Dank verfolgt die Domaine Cornulus da einen völlig konträren Weg. Mit ihrem Clos de Mangold Vieilles Vignes erschaffen Dany Varone und Stéphane Reynard einen Chasselas auf allerhöchstem Niveau. Kaum eine andere Rebsorte vermag es, Mineralität derart zu spiegeln und gleichzeitig Frische, dezente Blütennoten und Schmelz zu vereinen.

In der Region Genf gehört die Domaine Les Hutins mit ihrem Sauvignon Dardagny élevé en Barrique zu den bekannten Vertretern der Schweizer Weinwelt. Sauvignon Blanc im Holz auszubauen benötigt viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl; in der Schweiz ist kein Weinjahr gleich und diese Sorte reagiert in ihrer Aromatik deutlich auf die unterschiedlichen Wetterbedingungen.

Doch Tochter Emilienne und Vater Jean kennen ihre Rebstöcke und setzen das Holz gekonnt ein, präsentieren dennoch selbstbewusst die Jahrgangsunterschiede.

Bezüglich Wetterkapriolen steht die Waadtländer Domaine Henri Cruchon weiteren Herausforderungen gegenüber. Der Familienbetrieb betreibt auf 42 Hektaren mit viel Herzblut und Überzeugung biodynamischen Weinbau und gehört damit zu den Pionieren in der Schweiz.

Ihr Raissenaz Grand Cru, ein Pinot Noir, wächst am Genfersee in der bekannten Appellation Morges La Côte AOC, deren Untergrund vom früheren Rhônegletscher geprägt wird; Kalkstein und Gletschermoräne herrschen vor. Auf diesem Terroir entsteht ein vielschichtiger, tiefgründiger und authentischer Pinot – und erinnert durchaus an die vielen Lachfältchen und die grosse Begeisterungsfähigkeit von Winzer Henri Cruchon.

In der Drei-Seen-Region, sprich dem Neuenburger-, Murten- und Bielersee, wo die Rebflächen sich auf die Kantone Neuenburg, Bern, Freiburg, Waadt und Jura verteilen, pflegt Familie Steiner ihren Pinot Gris. Ihr Weingut Steiner Schernelz Village liegt an den bezaubernden Hängen des Bielersees bei Ligerz.

Hier praktizieren sie seit Jahren Weinbau mit hohen Qualitätsansprüchen. Ihr Sauvignon Blanc sorgt für Aufmerksamkeit durch Frische, Struktur und eine ausgewogene Fruchtaromatik. Doch auch der Chardonnay überzeugt die Fachwelt immer wieder mit hohen Bewertungen.

Abwechslungsreiche Deutschschweiz

Die grossen Flächen der französischsprachigen Schweiz in Ehren, doch auch die Deutschschweiz mit Weingütern in den Regionen Zürich, Schaffhausen, Graubünden, Aargau, Thurgau und St. Gallen sollte man nicht vernachlässigen.

Vertreten sind hier etwa Andreas Meier mit seinem Aargauer Weingut zum Sternen. Meier beschäftigt sich neben dem Weinmachen auch noch mit seiner Rebschule: Über 100 Sorten werden gezüchtet, für die Auspflanzung bereitgestellt und sowohl in der Schweiz vertrieben als auch ins Ausland geliefert.

Am Zürichsee überzeugt dagegen Familie Schwarzenbach seit vielen Jahrzehnten mit ihrem Räuschling, welcher an den Hängen der Goldküste bei Meilen heranwächst. Wer einmal die Chance hat, zehn, 20 oder gar 50 Jahre alte Weine zu verkosten, wird verblüfft sein.

It’s a must – das muss probiert werden! Räuschling ist nicht immer ein süffiges Plauschweinchen – ganz im Gegenteil. Diese alte Rebsorte zeigt bei den Schwarzenbachs am Zürichsee sowohl Finesse, Eleganz und Mineralität, als auch eine ungemeine Langlebigkeit.

Jugendlicher Wandel mit eigener Handschrift

Ziemlich augenfällig ist der sich vollziehende Wandel in vielen Schweizer Weingütern: Der Nachwuchs steht in den Startlöchern. Das ist insbesondere auf den Veranstaltungen des MDVS erkennbar. Plötzlich steht da ein frisches, junges Gesicht am Stand und gibt über den ausgeschenkten Wein Auskunft, als ob er der eigene wäre.

Und das ist er oder wird er ja auch zunehmend, denn die Söhne und Töchter der noch amtierenden Winzer sind bestens ausgebildet und haben oft sowohl in einer anderen Schweizer Weinbauregion, als auch in ausländischen Weingütern gearbeitet. Nun sind viele nach Hause gekommen, um die Geschichte ihrer Weingüter weiterzuschreiben und die gesammelten Erfahrungen einzubringen.

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Es sind unter anderem Jonas Huber (HuberVini), Myra Zündel (Weingut Christian Zündel) oder Laura Paccot (Domaine La Colombe), Martin Donatsch (Weingut Donatsch) oder Johann-Baptista von Tscharner (Weinbau von Tscharner). Sie alle werden in den kommenden Jahren zunehmend ihre eigenen Ideen auf den elterlichen Weingütern umsetzen und damit ihren ganz eigenen Weinstil erschaffen. Es bleibt also spannend beim «Mémoire des Vins Suisses». Und langlebig!

Über den Autor

Seit vielen Jahren ist Cécile Richards als Fachfrau für Wein und Kulinarik aktiv, journalistisch, beratend und erklärend. Die Weinakademikerin lebt in der Nähe von Zürich und interessiert sich nicht nur für gealterten Schweizer Chasselas, sondern auch für Schaumweine und spannende Begegnungen mit Winzern und Köchen.

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