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Abruzzen – Wein zwischen Bergen und Meer

Abruzzen – Wein zwischen Bergen und Meer
Copyright iStockphoto ©JasonVosper

Junge Winzer in den Abruzzen konzentrieren sich auf den Montepulciano d’Abruzzo und ihre regionalen weissen Rebsorten als Qualitätsweine und stehen nun vor der grossen Aufgabe, die Welt von deren Qualität zu überzeugen.

Valentina di Camillo hat sich jetzt für Flugstunden angemeldet. Die Flugschule am Flughafen von Pescara in den Abruzzen gehört einem Freund von ihr. „Von hier kann man auch mal spontan übers Meer nach Kroatien fliegen. Das dauert etwa eine Stunde“, schwärmt die 35-Jährige. Manche Hobby-Piloten hier fliegen deshalb am Wochenende auch schon einmal über die Adria, um auf der anderen Seite zum Mittag zu essen.

Und auch sonst will Valentina hoch hinaus. Sie leitet mit ihrem jüngeren Bruder Luigi das Familienweingut I Fauri (Provinz Chieti). Der Grossvater war noch Fasswein-Lieferant, die Elterngeneration stellte auf Flaschenwein und damit auf Qualitätserzeugung um.

Die Kinder, die beide Weinbau studiert haben, sind nun daran, die Qualität weiter auszubauen und die Vermarktung zu verbessern. Ihr Paradewein ist der Montepulciano d’Abruzzo „Ottobre Rosso“, der im Edelstahltank ausgebaut wird. Trotz 14 Volumenprozent wirkt er frisch, sein intensives Bouquet erinnert an rote Früchte und Sauerkirschen.

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Zwischen dem Apennin-Gebirge und der Adria im südlichen Mittelitalien wächst die rote Sorte, mal auf kalkhaltigen, mal auf sandigen Böden. Kaum ein italienischer Wein ist so verbreitet wie der Montepulciano d’Abruzzo. In italienischen Restaurants und Pizzerien steht er oft als günstiger offener Wein auf der Karte. Das hat damit zu tun, dass er meist in grossen Mengen – und in einfacher Qualität – produziert wird.

Die Winzer der Region hadern mit dem Billig-Image ihres Hauptproduktes. Deshalb gehen sie in die Offensive und präsentierten im Juni auf der Expo in Mailand und in ihrer Heimatregion beim Anteprima Montepulciano d’Abruzzo ihre Weine mit mehr Selbstbewusstsein. Ihre Botschaft: Der Montepulciano kann auch anders.

Überraschung: Er kann auch alterungsfähig sein

Der Montepulciano d'Abruzzo kann wesentlich mehr als nur ein Tafelwein sein
Der Montepulciano d’Abruzzo kann wesentlich mehr als nur ein Tafelwein sein

Die Menschen in den Abruzzen mögen einen kräftigen, rustikalen Wein“, erklärt Francesco d’ Onofrio. Der 37-Jährige führt das Weingut Marchesi de’ Cordano (Provinz Pescara), sein jüngerer Bruder Romano ist Kellermeister. „Aromen von Kirsch und Vanille, kräftige Tannine, 14 Volumenprozent Alkohol – das ist ein echter Montepulciano d’Abruzzo“, schwärmt Francesco, während er seine Riserva Trinità 2009 einschenkt, die 12 Monate im Barrique gereift ist und noch weiteres Alterungspotenzial erwarten lässt.

Das ist beim Grossteil des Montepulciano d’Abruzzo allerdings anders. Er wird oft als anonymer Massenwein hergestellt, der nur wenige Jahre haltbar ist. Die Oberhand in der Region haben grosse Genossenschaften, die von Klein- und Kleinstanbauern das Lesegut kaufen. Die Trauben werden in der Regel mit hohen Erträgen angebaut – ein Relikt aus den 1970er Jahren.

Dazu kommt, dass der Montapulciano d’Abruzzo, obwohl DOC-Herkunft, nicht in der Ursprungsregion abgefüllt werden muss. Oft wird er als Fasswein an grosse Kellereien in Norditalien weiterverkauft, die ihn weiterverarbeiten, abfüllen und exportieren. „So verlieren wir die Kontrolle über unseren Wein“, meint Valentina di Camillo.

Oft wird Montepulciano d’Abruzzo mit dem Vino Nobile di Montepulciano verwechselt. Dieser stammt aber aus dem gleichnamigen Ort in der Toskana und wird überwiegend aus der Rebsorte Sangiovese hergestellt.

Entdeckungen in Weiss: Pecorino und Coccociola

Trebbiano ist die meistverbreitete weisse Sorte in den Abruzzen – doch auch sie ist für günstige, einfache Weine bekannt. Deshalb setzen die Winzer der Abruzzen nun auf andere weisse Sorten, die in der Region heimisch sind und lange vernachlässigt wurden: Pecorino und Coccociola.

Ein Vorreiter beim Coccociola ist das Weingut Valle Martello (Provinz Chieti). „Der Coccociola ist sehr säurebetont, daran mussten wir drei Jahre lang arbeiten“, erinnert sich Katia Masci, die das Weingut mit ihren Brüdern betreibt. Ihr Coccociola Brado hat noch immer eine recht prägnante Säure, schmeckt zitrus-frisch, die Fruchtaromen sind sehr dezent. „Der richtige Begleiter für Fischgerichte“, meint Katia Masci.

Stärker jedoch glauben die Winzer aber an den zugänglicheren Pecorino, der auch in Marken, Latium und Umbrien heimisch ist. Dass der Wein wie der bekannte Schafskäse heisst, liegt vermutlich daran, dass er einst an den Auf- und Abtriebspfaden der Schäfer am Appenin-Gebirge gepflanzt wurde.

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Er hat weniger Säure, doch trotzdem eine gute Struktur“, meint Francesco d’ Onofrio. Sein Pecorino Diamine gibt florale und gelbfruchtige Aromen am Gaumen wieder. Andere typische Aromen für die Rebsorte können Apfel, Südfrüchte und Anklänge von Honig sein, wie beim Pecorino dei Fauri der Familie Di Camillo.

Dranbleiben – Hinschmecken

Die aktuelle Generation der Qualitäts-Winzer hat verstanden, dass sie ihre Anstrengungen publik machen müssen, etwa mit mehr Verkostungen und Werbung für die Abruzzen als Weintourismus-Region. Denn so viel ist klar: Dem bisherigen Image ist nur mit direkten Gegenteil-Beweisen beizukommen.

Über die Autorin

Alice Gundlach arbeitet seit 2005 als Journalistin, seit 2011 ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Wein und Food. Davor schrieb sie schon als angestellte Redakteurin regelmässig über Weinthemen.

Sie ist spezialisiert auf die Weinregionen Deutschlands und Italiens.

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